Unter dem Titel „Einschränkung von CBD durch Novel-Food-Verordnung und Auswirkungen auf deutsche Unternehmen“ hatte die FDP der Bundesregierung einen Fragenkatalog zum Umgang mit CBD zukommen lassen. Hier ist die Einschätzung des Deutschen Hanfverbands und unsere Kritik an den ausweichenden Antworten.
Unser Fazit: Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat es wieder mal vermieden, seine eigene Rolle und die eigenen Interessen zum Thema CBD in den Gremien der EU darzustellen, geschweige denn zu bewerten. Es zieht sich auf die Formulierung zurück:
„Die Entscheidung über die Einträge zu Cannabinoiden wurde von den EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission nach Sichtung und Wertung der verfügbaren Informationen im Konsens getroffen.“
Wir fragen uns weiterhin: Nach Sichtung WELCHER Informationen, hat WER WELCHE Wertung gegeben? Und WIE verhielt sich die Bundesregierung mit welcher eigenen Einschätzung dazu?
Obwohl der Deutsche Hanfverband, die FDP-Fraktion (siehe Frage 3) und auch andere bereits nach der Bewertung und eigenen Haltung der Bundesregierung VOR, bzw. innerhalb des Prozesses der EU-Gremien fragten, wurden die eigene Positionierung hier wieder umgangen. Stattdessen verweist die Bundesregierung auf das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), das für die Einschätzung NACH der Änderung zuständig sei – es muss aber einen politischen Bewertungsprozess gegeben haben, der jetzt zur Verfolgung zahlreicher Hersteller und Anbieter führt. Dieser Prozess muss für Nutzer, Anbieter, Hersteller und Distributoren nachvollziehbar sein!
Hierzu sind zwei Aspekte von begleitender Bedeutung:
- im Gegensatz zur Novel-Food-Verordnung, ist die sog. „Unionsliste“ (also die Liste, in der auch Cannabinoide neu bewertet wurden), NICHT rechtsverbindlich zur Umsetzung in einem Nationalstaat, also auch nicht bei uns in Deutschland. Dies liegt im politischem Ermessen der umsetzenden Administration, also des BMEL und der untergeordneten Behörde BVL. Auch insofern sind die Positionierungen des BMEL und die fachlichen Leitmotive für ein Handeln von Interesse!
- Es gibt mündliche Hinweise (aber leider noch keine veröffentlichten Protokolle o.ä.), dass Österreich, Deutschland und Italien die forcierenden Kräfte in den Gremien der EU waren, CBD verstärkt zu regulieren und den Novel-Food-Katalog (sog. „Unionsliste“) erneut zu ändern. Hier könnten die Parlamentarier auf EU-Ebene mit ihren Recherchen für Aufklärung sorgen.
Notwendigkeit einer Neubewertung wissenschaftlich nicht belegt
Die Notwendigkeit einer Neubewertung von CBD-Extrakten ist durch ihre bloße Existenz – oder der „in jüngerer Zeit verstärkt“ auftauchenden „Produkte mit Cannabinoiden, insbesondere Cannabidiol (CBD)“ (Bundesregierung in Antwort 1) sachlich mindestens unbegründet und wissenschaftlich gar nicht belegt. Auf die Frage nach „wissenschaftlichen Erkenntnissen“ zur Neubewertung antwortet die Bundesregierung mit einem Stichtag vom 15. Mai 1997 – Fachlich fundierte Politik könnte anders aussehen! Zahlreiche positive Erfahrungsberichte von Nutzern der CBD-Extrakte stehen der restriktiven Haltung des BMEL fundamental entgegen. Statt unbegründeten Regulierungsanstrengungen sollte wissenschaftliche Anwendungsforschung in diesem Bereich gefördert und Anstrengungen der Branche zur Qualitätssicherung unterstützt werden.
Angereichert oder natürlich vorhanden?
Wenn die Bundesregierung von „für isolierte Cannabinoide oder mit Cannabinoiden angereicherte Extrakte“ (Antwort auf Frage 3) spricht, was bedeutet das dann für Produkte, die einen natürlichen Cannabinoidgehalt aufweisen wie z.B. Hanfblätter-Pesto oder Hanfblätter-Tee? – Auch diese Produkte wurden in verschiedenen Razzien beschlagnahmt. Selbst wenn man der Bundesregierung folgen möchte, bliebe auch die Frage offen, ob Vollspektrum-Produkte aus zertifiziertem EU-Nutzhanf mit einen THC-Gehalt unter 0,2% dazu zählen? In diesen liegt ausschließlich ein natürlicher Cannabinoid-Gehalt vor; es werden keine Cannabinoide im eigentlichen Sinne isoliert bzw. angereichert.
Nicht nur in Deutschland hat sich ein stetig wachsender Markt für CBD-Produkte aller Art aufgebaut, der durch das Vorgehen des BVL unsinnigerweise in seiner Existenz bedroht wird. Wir rufen in diesem Zusammenhang alle Firmen, die sich von dieser Problematik betroffen sehen, dazu auf, sich im Hanfverband zu organisieren und zu vernetzen. Der Deutsche Hanfverband ist behilflich bei der Suche nach Lösungsansätzen, kooperiert in dieser Frage mit der European Industrial Hemp Association (EIHA) und ist im Kontakt mit politischen Entscheidungsträgern, um diesen zu vermitteln, dass mit dem nicht nachvollziehbaren Vorgehen allein in Deutschland hunderte Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen.
Ein Kommentar von Verena Assmann und Jürgen Neumeyer
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