Das deutsche Ärzteblatt hat Anfang dieser Woche auf Grundlage des epidemiologischen Suchtsurveys 2018 neue Zahlen zum Cannabiskonsum in Deutschland veröffentlicht. Anders als bei den letzten Veröffentlichungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA) im Frühjahr diesen Jahres handelt es sich hier um belastbare Zahlen erwachsener Konsumenten. Der Trend ist eindeutig: Während sich die klassischen Drogen Alkohol und Tabak statistisch auf dem Rückzug befinden, probieren immer mehr Erwachsene Cannabis.
So haben 2018 fast 3,7 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 (7,1 Prozent) mindestens einmal innerhalb der letzten 12 Monate Cannabis konsumiert. Bei der letzten Erhebung des epidemiologischen Suchtsurveys im Jahr 2015 waren es mit 6,1 Prozent noch geschätzte 3,2 Millionen. Doch die Autoren gehen davon aus, dass die aktuelle Zahl zu niedrig angesetzt ist. Die Dunkelziffer der Cannabis konsumierenden Personen über 18 Jahren sei wahrscheinlich noch viel höher, weil „es sich bei den untersuchten Personen überwiegend um sozial integrierte Gelegenheitskonsumenten“ handele. Zudem erfasst der Survey Konsumenten der Altersgruppe über 64 Jahren überhaupt nicht. Das verzerrt das Bild zusätzlich, besonders weil so fast alle Menschen der 1968er-Generation, die Cannabis einst wiederentdeckt hatten, heute aus der Statistik herausfallen. Auch minderjährige Konsumenten werden hier nicht gezählt (s.u.). Außerdem muss man davon ausgehen, dass viele Konsumenten bei solchen Befragungen aufgrund der Rechtslage nicht wahrheitsgemäß antworten.
Unter dem Strich dürfte damit klar sein, dass vier Millionen aktuelle Cannabiskonsumenten in Deutschland eine sehr konservative Schätzung ist. Wahrscheinlich liegt die tatsächliche Zahl deutlich höher.
Bei 18-25-jährigen ist Cannabis am beliebtesten
Cannabis ist mit einer Jahresprävalenz* von 8,9 % unter Männern immer noch viel verbreiteter als unter Frauen (5,3%). Bei 0,6 Prozent der Befragten gehen die Autoren von einem missbräuchlichen Konsum oder einer Abhängigkeit aus. Das wären umgerechnet knapp acht Prozent der Konsumenten, also nicht ganz 300.000 Menschen. Doch auch hier ist Vorsicht geboten. Denn bei den „substanzbezogenen Störungen durch Cannabinoide“ werden auch all jene Fälle mitgezählt, bei denen so genannte Räuchermischungen gesundheitliche Probleme verursachen.
Im Frühjahr hatte eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) ergeben, dass Cannabis in der Altersgruppe von 18-25 Jahren am weitesten verbreitet ist. In dieser Altergruppe hatten 22 Prozent 2018 mindestens einmal Cannabis konsumiert. Zwar ist auch der Konsum der Gruppe der 12-17-Jährigen mit acht Prozent aktuell leicht angestiegen. Doch wenn man den Konsum Minderjähriger sowie das Einstiegsalter über einen langen Zeitraum hinweg betrachtet, unterliegen beide seit den ersten Erhebungen im Jahr 1993 nur ganz leichten Schwankungen. Der Spitzenwert in dieser Altergruppe lag 2002 bei 15 Prozent und war somit fast doppelt so hoch wie heute. Grundsätzlich überrascht es es zu lesen, dass Erwachsene immer mehr, Jugendliche unter 18 Jahren heute jedoch weniger und später kiffen als noch vor 25 Jahren. Doch so lange der Konsum der Gesamtbevölkerung nicht sorgfältig dokumentiert wird und sich die Erhebungen stattdessen immer nur auf gewisse Teile der Bevölkerung beziehen, sind die Ergebnisse nur bedingt aussagekräftig.
* Jahresprävalenz: Mindestens ein Konsumerlebnis innerhalb der letzten 12 Monate vor der Befragung
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