Die Drogenbeauftragte Daniela Ludwig empfiehlt zum wiederholten Male, den Besitz von bis zu sechs Gramm Cannabis nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen, sondern bundesweit einheitlich als Ordnungswidrigkeit einzustufen. Die Herabstufung einer Straftat zur Ordnungswidrigkeit mag im ersten Moment nach einer Verbesserung klingen. Doch der einzig sozial verträgliche und konsequente Weg zur Entkriminalisierung der Konsumenten ist der, den Besitz geringer Mengen in keiner Weise zu sanktionieren.
Wie DHV-Chef Georg Wurth bereits im Alternativen Drogen- und Suchtbericht 2020 ausführte, könnte durch eine Änderung des BtMG der Besitz einer (bundesweit einheitlichen) geringen Menge Cannabis zum Eigenverbrauch ersatzlos aus der Strafbarkeit entlassen werden. Polizei und Justiz wären auf einen Schlag von über 100.000 Strafverfahren pro Jahr entlastet. Auch die Ordnungsämter, welche unter Umständen für die Feststellung von Ordnungswidrigkeiten und das Eintreiben der Bußgelder zuständig wären, würden nicht belastet werden. Regelmäßig anfallende Bußgelder könnten die Motivation der Behörden in repressiven Bundesländern sogar noch steigern und den Repressionsdruck erhöhen, da aus ihrer Sicht endlich weniger für den Papierkorb gearbeitet würde und in jedem Fall eine staatliche Sanktion (anstelle der Einstellung eines Strafverfahrens) erfolgt. Mehr als bei Straftaten gibt es bei Ordnungswidrigkeiten einen Ermessensspielraum bei der Verfolgung. Liberale Bundesländer könnten auf eine Verfolgung weitgehend verzichten. Das würde die regionalen Unterschiede bei der Verfolgung weiter vergrößern anstatt sie wie gewünscht anzugleichen.
Für Menschen mit höherem Einkommen mag die Zahlung eines Bußgeldes eine Verbesserung darstellen, da sie im Falle eines Strafverfahrens unter Umständen ihren Job verlieren könnten. Hingegen werden Menschen, die durch ein Cannabis-Strafverfahren vielleicht nicht gleich ihren Job verlieren, aber über geringe finanzielle Mittel verfügen, durch eine Umwandlung zur Ordnungswidrigkeit stärker sanktioniert als vorher – speziell in repressiven Bundesländern. Ihnen droht sogar Erzwingungshaft, wenn sie das Bußgeld nicht zahlen können. Die Wirkung dieser Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit bringt also ein soziales Ungleichgewicht mit sich, weshalb der Deutsche Hanfverband eine solche Form der Entkriminalisierung als unsozial empfindet und sie ablehnt.
Was hinzu kommt: Wie groß wäre diese Geringe Menge? Warum sollten liberalere Bundesländer wie Berlin, Bremen oder Thüringen einer bundesweiten Angleichung bei Ludwigs sechs Gramm zustimmen, wenn sich dadurch für ihre Bürger eine Verschlechterung ergibt?
“Spätestens [bei der Diskussion über eine Entkriminalisierung] stellt sich die Frage nach der Motivation der Entscheider. Wollen sie eine Lockerung, weil der öffentliche Druck zu groß wird? Oder haben sie verstanden, dass der Konsum von Cannabis ebenso wie der von Alkohol nicht per se moralisch verwerflich oder eine Gefahr für andere ist? Im letzteren Fall ergibt „ein bisschen Strafe” im Grunde keinen Sinn. Es käme ja auch niemand auf die Idee, Menschen, die mit einer Bierflasche erwischt werden, mit einem Bußgeld zu belegen. Aus Sicht des Staates gibt es keinen Grund, diese beiden im Wesentlichen gleichen Tatbestände ungleich zu behandeln”,
so DHV-Chef Georg Wurth, Polizeipräsident a.D. Hubert Wimber und Prof. Dr. Helmut Pollähne im Fazit ihres Beitrags im Alternativen Drogen- und Suchtbericht.
Cannabiskonsumenten müssen konsequent, regional einheitlich und sozial verträglich entkriminalisiert werden. Alles andere ist nur ein Schritt zur Seite, aber nicht nach vorne!
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