Stadt Bonn ignoriert THC-Grenzwert – nüchterner Fahrer verliert Führerschein

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Pressemitteilung des Deutschen Hanfverbands vom 15.09.2021

Die Stadt Bonn hat einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten den Führerschein entzogen, der im Straßenverkehr mit 0,7 ng THC pro ml Blutserum unterwegs war. Damit war er nachweislich nüchtern. Der bundesweit geltende Grenzwert liegt bei 1,0 ng und ist im internationalen Vergleich außerordentlich streng. Eine verkehrsgefährdende Wirkung unterhalb von 1 ng THC ist praktisch unmöglich. Es zeichnet sich ein Rechtsstreit ab, den die Stadt krachend verlieren dürfte. Der Deutsche Hanfverband sieht auch Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) persönlich in der Verantwortung.

Dieser Vorgang ist nach Kenntnis des Deutschen Hanfverbands der bisher einzige Fall eines Führerscheinentzugs unter 1 ng in Deutschland, bei dem keine zusätzlichen Kriterien für eine Verkehrsgefährdung durch den Betroffenen plausibel sind. Polizisten hatten zwar über diverse Auffälligkeiten bei den üblichen Tests in der Stresssituation am Straßenrand berichtet, ein Arzt hatte danach aber bescheinigt, dass der Betroffene keinerlei Ausfallerscheinungen hatte. Dennoch unterstellte die Führerscheinstelle daraufhin “Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss” und ordnete eine MPU an. Geklärt werden sollte dabei, “ob er insbesondere über das erforderliche Trennungsvermögen zwischen Konsum und Fahren” verfüge. Dabei war gerade die Verkehrskontrolle ein Indiz dafür, dass der Betroffene mit weniger als 1 ng THC im Blutserum tatsächlich zwischen Konsum und Verkehrsteilnahme trennt. Zweifel am Trennungsvermögen können in keiner Weise mit 0,7 ng oder nicht bestätigten Auffälligkeiten begründet werden, zumal geringe, unwirksame Restmengen THC manchmal noch Tage nach dem letzten Konsum gemessen werden. Die Grenzwertkommission und alle einschlägigen Urteile der letzen 20 Jahre gehen davon aus, dass unter 1 ng keine Wirkung vorliegt, siehe z.B. BVerwG 2019.

 Wenn sich die Führerscheinstelle damit durchsetzt, lohnt es sich für Bonner Cannabiskonsumenten bald nicht mehr, vor dem Fahren auf den Konsum zu verzichten. Die Bonner Verwaltung gefährdet die Verkehrssicherheit, anstatt sie zu schützen,

so DHV-Sprecher Georg Wurth.

Der Betroffene verweigerte die angeordnete MPU. Daraufhin wurde der Führerschein entzogen. Die Anordnung der MPU aufgrund einer “Nüchtern-Fahrt” war nach Einschätzung des DHV rechtswidrig. Klagen sind aber erst nach dem Führerscheinentzug möglich, nicht schon gegen die MPU-Anordnung.

Schon nach der MPU-Anordnung hatte der DHV über den Fall berichtet und in einem ausführlichen Schriftverkehr mit der Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner versucht, den Führerscheinentzug abzuwehren. Ihr Büro sagte zu, dass sich Dörner persönlich über das weitere Vorgehen informieren werde. Eingegriffen hat sie nicht.

Dörner gehörte in ihrer Zeit als Bundestagsabgeordnete zu den Unterzeichnerinnen des Entwurfs für ein Cannabiskontrollgesetz der Grünen von 2015, in dem ein Grenzwert von 5 ng THC pro ml Blutserum vorgeschlagen wird. In ihrer Rede zur Einbringung des Gesetzes am 20.03.2015 betonte Dörner dieses Vorhaben:

Wir wollen für den Straßenverkehr einen Grenzwert für den Konsum von THC-Produkten schaffen. Wir sehen hier 5,0 Nanogramm pro Milliliter vor. Das ist der Wert, oberhalb dessen nach rechtsmedizinischer Forschung eine Beeinträchtigung der Fahrleistung nicht ausgeschlossen werden kann. Einen derartigen Grenzwert gibt es in fast allen anderen europäischen Ländern schon lange. Es ist völlig unsinnig, dass einem Konsumenten der Führerschein entzogen werden kann, obwohl er unter Cannabiseinfluss überhaupt nicht am Straßenverkehr teilgenommen hat. Auch diese Art von Kriminalisierung muss ein Ende haben.

Auch in einem Video zur Führerscheinkampagne des DHV äußerte sich Dörner 2017 in diesem Sinne.

Jetzt ist Katja Dörner oberste Vorgesetzte einer Behörde, die bundesweit einmalig und offensichtlich rechtswidrig einen Führerschein entzieht, obwohl der geltende Grenzwert von 1 ng unterschritten und der Fahrer nüchtern war.

Mit dieser fragwürdigen Aktion kurz vor der Bundestagswahl tut Katja Dörner den Grünen keinen Gefallen. Die Stadt Bonn wird den anstehenden Prozess krachend verlieren,

prophezeit DHV-Sprecher Georg Wurth.

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