Nur noch zum Kopfschütteln ist das aktuelle Geschehen rund um CBD in Deutschland. Während die Weltgesundheitsorganisation WHO darüber nachdenkt, CBD gänzlich aus der Single Convention zu streichen, werden in Deutschland seit Monaten CBD-Blütenhändler strafverfolgt und ihre Ware beschlagnahmt. Nun soll es laut dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auch noch Schwierigkeiten für Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel mit CBD im Zusammenhang mit der europäischen Novel Food Verordnung geben.
Am 20. März 2019 hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eine öffentliche Stellungnahme zu Cannabidiol in Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln veröffentlicht. In dieser heißt es:
“Dem BVL ist derzeit keine Fallgestaltung bekannt, wonach Cannabidiol (CBD) in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre.”
[…]
“Demnach sind Hanfextrakte als neuartig einzustufen, wenn sie Cannabinoide enthalten.”
Das BVL bezieht sich damit auf den kürzlich editierten Eintrag im Novel-Food-Katalog der Europäischen Union unter “Cannabis Sativa L.” Der Eintrag deklariert, dass lediglich Lebensmittel und Extrakte aus Hanfsamen, nicht aber aus Pflanzenteilen, ein traditionelles Lebensmittel darstellen. Neben der Erweiterung des Eintrages unter “Cannabis Sativa L.” wurde außerdem ein Eintrag unter “Cannabinoide” hinzugefügt. Cannabinoide und somit auch Cannabidiol werden jetzt pauschal als neuartiges Lebensmittel klassifiziert und benötigen laut BVL eine Novel-Food-Zulassung. Eine Unterscheidung zwischen Produkten mit natürlichem Cannabinoidgehalt und mit Isolaten angereicherten Produkten trifft weder der Novel-Food-Katalog noch das BVL. Bisher war es möglich, Produkte als Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt zu bringen. Wenn diese Produkte natürliche Cannabinoide enthalten, galten sie als nicht neuartiges Lebensmittel. Lediglich mit Isolaten angereicherte Produkte fielen unter die Novel-Food-Verordnung.
Der Novel-Food-Katalog ist für die Mitgliedstaaten nicht rechtsverbindlich und stellt lediglich eine Orientierungshilfe dar, für gewöhnlich setzen die Mitgliedstaaten diese Empfehlungen aber um.
Wie geht es nun weiter?
Mitte diesen Monats fand eine Sitzung der Arbeitsgruppe Novel Food der Europäischen Kommission und der Europäischen Lebensmittelaufsichtsbehörde (EFSA) statt. Zu den Inhalten ist bislang nichts bekannt und mit einer Stellungnahme dürfte erst in einigen Wochen oder Monaten zu rechnen sein. Da die Novel Food Verordnung sich auf neuartige Lebensmittel ab 1997 bezieht, wird nun versucht, Beweise für die Verbreitung von Cannabinoiden in Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln vor dem Stichtag der Veröffentlichung der Verordnung zu finden.
Die European Industrial Hemp Association (EIHA) hat bereits im Oktober 2018 bei der vorherigen Expertenbefragung Nachweise für den umfangreichen Verzehr von Hanfprodukten sowie Hanfextrakten, auch aus Blüten und Blättern, vor 1997 präsentiert – jedoch wurden diese nicht beachtet!
Im März 2019 wurden zwei Rechtsgutachten im Auftrag der EIHA erstellt, die sich kritisch mit Lebensmitteln, der Novel-Food-Verordnung und Cannabidiol auseinandersetzen. Beide Gutachten nennen auch bereits 1998 erfolgte Stellungnahmen durch den damaligen Lebensmittelausschuss, die aufgrund von Nachweisen durch Unternehmen erbracht werden konnten. Es wurde bereits vor über 20 Jahren, als die Novel-Food Verordnung EG Nr. 258/97 zum ersten Mal in Kraft trat, von der damaligen Europäischen Lebensmittelaufsichtsbehörde bestätigt, dass Extrakte aus Nutzhanf (Blüten und Blätter) als Lebensmittelzutat nicht von der Novel-Food-Verordnung betroffen sind. Ob es entsprechende Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel schon vor 1997 auf dem Markt gab, ist die wichtigste Frage in diesem Zusammenhang – und es gibt gute Hinweise darauf, dass dies der Fall ist. Das zumindest spricht dafür, dass Unternehmer vor Gericht gute Chancen haben könnten, falls es zu Prozessen kommt.
Der Deutsche Hanfverband empfindet das Vorgehen des BVL hinsichtlich der aktuellen Diskussion der Weltgesundheitsorganisation über die generelle Unbedenklichkeit von Cannabidiol als letztes Aufbäumen. Nicht nur in Deutschland hat sich ein stetig wachsender Markt für CBD-Produkte aller Art aufgebaut, der mit dieser Neuklassifizierung unsinnigerweise in seiner Existenz bedroht wird. Wir rufen in diesem Zusammenhang alle Firmen, die sich von dieser Problematik betroffen sehen, auf, sich bei uns zu organisieren und zu vernetzen. Wir können behilflich sein bei der Suche nach Lösungsansätzen und gemeinsam der Politik zu vermitteln, dass mit dieser Neuklassifizierung viele Händler ihre bei den Kunden beliebten Produkte aus rational nicht nachvollziehbaren Gründen aus dem Verkehr ziehen müssten und somit allein in Deutschland hunderte Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden.
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